Live in Montreux
Fünfmal ist Marianne Faithfull zwischen 1995 und 2009 beim legendären Jazzfetival in Montreux in der Schweiz aufgetreten. Und es müssen großartige Auftritte gewesen sein. Das legt die CD „The Montreux Years“ nahe, die 14 Songs dieser Auftritte enthält. Der Klang der CD ist so fantastisch wie die Interpretationen der erlesenen Songs aus dem breiten Repertoire der Ausnahmekünstlerin.Zum Auftakt gibt es den Van Morrison Song „Madam Georg“ von dessen 1968er Album „Astral Weeks“. Faithfull hat ihn bei ihrem ersten Auftritt 1995 in Montreux mit ihrer spröden Stimme halb gesprochen halb gesungen. Ein schöner Auftakt der CD und es wird immer besser. Gleich darauf Broken English vom 2009er Auftritt. Sie zelebriert ihren Hit von ihrem gleichnamigen Comeback-Album aus dem Jahr 1979 besonders bedrohlich. Das Publikum ist begeistert.
Eine Homage an die Sängerin, Songwriterin und Schauspielerin Nico ist der fünfte Titel „Song for Nico“. Die war 1966 als Sängerin bei Velvet Underground bekannt geworden. Ihren Nido-Song kündigt Faithfull als „my homage to a very under appreciated woman“ an, an eine sehr unterschätzte Frau also.
Mal düster und auch mal rockig
Der sechste Song stammt vom 199er Konzert und Faithfull erzählt dem Publikum, es sei 35 Jahre her, dass sie ihn zuletzt gespielt hat. Es ist „Come And Stay With Me“, den Jackie DeShannon für sie geschrieben hat. Der poppige Folksong war einer ihrer vier Top Ten Hits in Großbritannien. Es folgt eine elegische, acht Minuten lange Fassung von „Sister Morphine“, den sie mit ihrem damaligen Liebhaber Mick Jagger geschrieben hat. Ein düsterer Song, den Faithfull beim Konzert 2005 besonders düster wirken lässt. Kaum ist der Song voller Schmerz und Wehmut ausgeklungen, lässt die Sängerin bei „Hold On Hold On“ vom Konzert 2009 die Post abgehen. Sie rockt den Neo-Folksong von Neko Case. Dann wird es bei „Solitude“ von Duke Ellington wieder ganz beschaulich.
„Working Class Hero“ gehört zu den besten Stücken dieser Auswahl aus ihren Montreux-Konzerten, wenn man überhaupt eine Rangfolge dieser allesamt großartigen Stücke aufstellen will. Das Publikum ist schon nach den ersten Tönen gefangen und klatscht den Rhythmus. Es wäre wahrscheinlich auch gleich mit auf die Barrikaden gegangen, so mitreißend trägt Faithfull den Revolutionssong von John Lennon vor. Gleich darauf folgt eine schöne Version von „Tower Of Song“ von Leonard Cohen. Dann kommt ein „beautiful, beautiful song“, wie sie ihn ankündigt: „Strange Weather“. Tom Waits und Kathleen Bennan haben ihn für sie geschrieben. Es ist ein Lied im Stile der Cabarett-Songs der Weimarer Republik, der auch aus der Feder von Brecht/Weill stammen könnte.
Die Konzertmitschnitte stammen aus „Claude Nobs’ audio and visuals archives“, in dem Aufnahmen von den Montreux Jazz-Festivals seit 1967 verwahrt werden. Es ist eines des größten privaten Musikarchive weltweit. Für die CD wurden die Live-Aufnahmen hervorragend remastert.