Larkin Poe
Die beiden Schwestern haben im vergangenen Jahr der Musikwelt zwei schöne Scheiben in Kooperation mit anderen Künstlern beschert: mit dem englischen Folkrocker Blair Dunlop „Killing Time“ und mit dem norwegischen Singer-Songwriter Thom Hell „The Sound Of The Ocean Sound“.
Rebecca Lovell (vocals, mandolin, guitar) und Megan Lovell (vobals, lap-steel, dobro) haben ihre Band nach ihrem Ur-Ur-Ur-Großvater benannt, einem Cousin Edgar Allan Poe’s. Die Schwestern aus den USA spielen eine Mischung aus Folk-Rock, Singer-Songwriter und Americana. Ihre Platten sind meist EPs, kaum länger als 20 Minuten. Es zählt Klasse, nicht Masse.
„Killing Time“ mit Blair Dunlop ist ein schönes Folk-Rock-Album. Dunlop ist der Sohn von Ashley Hutchins, der einst Mitglied der Folk-Rock-Legende Fairport Convention war. Der Titelsong „Killing Time“ beginnt mit schönem Chorgesang, dann setzt Megan mit ihrer Lap-Steel ein und Schauer jagen einem über den Rücken. Bob Dylans „I’ll Keep It With Mine“ zelebrieren die drei mit traumhaftem Harmoniegesang, untermalt mit Gitarre und Lap-Steel. „The Month Of January“ lebt von Dunlops eindringlichem Gesang, um den sich die Stimmen der Schwestern ranken.
Die Kooperation mit Thom Hell kommt deutlich rockiger daher. „The Sound Of The Ocean Sound“ ist für Larkin Poe mit 36.59 Minuten schon recht lang („Killing Time“) hat 24.01 Minuten. „Shoulder To Shoulder“ kommt mit eingängiger Melodie daher, „P.S. I Love You“ hat Ohrwurm-Qualitäten. „Tired“ von Hell ist ein trauriges Lied („The Cigaretts are killing me, i know / But it’s just one way of many to go.“) „Wait For Me“ von Megan ist das herausragende Stück des Albums. Sie schreibt die eingängigeren Melodien und versteht sie mit ihrer Lap-Steel wundervoll umzusetzen.
Kaleidoscope
Die fünf Amerikaner waren die ersten Weltmusiker. Sie schufen ab Mitte der 1960er Jahre eine unerhörte Mischung aus Bluegrass-Musik, Country, Blues und fernöstlichen Klängen. „Kaleidoscope waren eine sehr emotionale Gruppe, die ihren Eklektizismus zur Schau stellten. Sie bildeten ihre Musik aus vielen Stilen (Blues, Folk, Flamenco, Middle-Eastern, etc.), verbanden es zu etwas, das sehr neu war für diese Zeit – Es war eine großartige Musik, um sich eine Weile im Bann von Cannabis treiben zu lassen“, erinnert sich der Gründer von Electra Records Jac Holzmann. Das renommierte deutsche Musikmagazin „Sounds“ schrieb 1970: „Kaleidoscope ist eine der am meisten unterbewerteten Rockgruppen Amerikas. Vielen hochgepuschten Gruppen haben sie Musikalität, Einfallsreichtum und Beherrschung des Materials voraus.“
David Lindley und Chris Darrow, die zuvor als Baghdad Blues Band aufgetreten waren, formierten die Gruppe, die zahlreiche Personalwechsel erlebte. Darrow verließ Kaleidoscope 1968 und schloss sich der Nitty Gritty Dirt Band an, weil er mehr Country-Rock spielen wollte.
Kaleidoscopes Markenzeichen waren über zehn Minuten lange Stücke wie Taxim (11.20), Beacon From Mars (12.29) oder Seven-Ate Sweet (11.31) in denen sie ihre gesamte musikalische Bandbreite und ihre herausragendes Können an zahlreichen Instrumenten ( Bouzouki, diverse Gitarren, Geige, Mundharmonika, Keyboard, Kazoo …) ausleben konnten. Sie war auch die Band, die Leonard Cohen auf seinem Debüt-Album „Songs of Leonard Cohen“ begleitete.
Ende 1970 löste sich Kaleidoscope auf. Lindley wurde ein gefragter Session-Musiker, insbesondere für Jackson Browne und Ry Cooder (man höre sich sein Slight-Gitarren-Zusammenspiel mit Cooder in dem Stück „I Think It’s Going To Work Out Fine“ auf der Platte „Bop Till You Drop“ an). Kürzlich ist das großartige Live-Album „Love Is Strange“ von Jackson Browne und David Lindley erschienen, das Lindley in Hochform präsentiert.
Chris Darrow war als Solo-Künstler aktiv und veröffentlichte beim deutschen Label Taxim einige hörenswerte CDs. Taxim veröffentlichte auch die beiden Reunion-Alben von Kaleidoscope „When Scopes Collide“ (mit Lindley unter dem Pseudonym De Paris Letante) und „Greetings From Kartoonistan“ (ohne Lindley). Von Darrow ist kürzlich sein Solo-Debüt „Artist Proof“ bei Drag City wiederaufgelegt worden.
Sämtliche vier bei Epic veröffentlichten LPs von Kaleidoscope plus einige Singles sind von Acadia auf der Dreifach-CD „Pulsatin Dream“ veröffentlich worden. Die Box ist günstig zu haben: für 6,99 Euro bei Rock-Info und für 7,90 Euro bei Music-Network zu haben.
Pavlov’s Dog: Echo and Boo
Hymnisch, sehnsüchtig und wehmutsvoll kommt diese wunderbare Rückkehr des Sängers David Surkamp daher. Dessen einprägsame hohe Stimme wird wie in den beiden 1970er-Jahre-Alben von Pavlov’s Dog von einer Geige umgarnt. Diesmal spielt sie Abbie Hainz, die zusammen mit Sara Surkamp auch im Background singt. Die beiden Damen erden David Surkamps Höhenflüge. Der Song „Angeline“ und die dringliche Version des Folksongs „Oh Susanna“ sind beste Gänsehautmusik.
Sleepy Sun: Fever
Gitarrenorgien, folkige Melodien und psychedelische Klänge vereint die Neo-Hippie-Band Sleepy Sun aus New York zu einer berauschenden Platte. Rachel Fannan kann so schön lasziv singen und sich zum Bedrohlichen steigern. Etwa in dem Song Desert Gold, der vom smarten Folksong zum harten Bluesrock mutiert. Rigamaroo ist ein herzerwärmendes Duett mit Sänger Bret Constantion. Fannan hat Sleepy Sun inzwischen verlassen. Ein herber Verlust für die Band, die auf dem Album „A Tribute To Graham Nash’s Songs For Beginners“ mit einer Version von „Chicago“ glänzen, die die von Nash und auch Crosby, Stills, Nash & Young in den Schatten stellt.
A Tribute To Graham Nash’s Songs For Beginners
Nile Nash hat eine Tribute-CD zum ersten Solo-Album ihres Varters Grahman Nash „Songs For Beginners“ produziert. Mit dabei sind unter anderem Bonnie „Prince“ Billy, Robin Pecknold von den Fleet Foxes und die oben genannten Sleepy Sun. Die Songs der Original-Platte werden in exakter Reihenfolge nachgespielt. Nile Nash selbst ist mit „Wounded Bird“ und „We Can Change The World“ dabei. Sie braucht sich vor ihrem alten nicht zu verstecken.